Mit Misserfolgen lernen

So, ich bin es satt!

[Ende des Blogbeitrags]


Okay, nicht ganz so schnell. Wo sind wir, und wieso?

Nun, im letzten Blogbeitrag hatte ich über meine Test-/Demoreise in den Balkan erzählt, welche geplant war und ich auch antreten wollte.
Das war Anfang September (vor nun ~3 Monaten). In diesem Beitrag ging es auch um den ersten von zwei Misserfolgen und „Startproblemen“, die das Vorhaben letztendlich zum Scheitern verurteilt haben.

Um den zweiten dieser Startprobleme geht es heute – und dazu noch als kurzer Bonus:
Wie geht man überhaupt mit sowas um? Eins kann ich vorweg nehmen: meine bisherige Methode war wahrscheinlich nicht die beste 😅

Ein kurzer Recap

Wer es genauer wissen will, dem lohnt sich wie immer der Blick in den letzten Beitrag. Und weil’s schon etwas länger her ist, nochmal kurz zusammengefasst:

Die BMW F650, startklar und bereit für Abenteuer
Angeschmolzenes Plastik wegen zu heißem Auspuff


Wir sind stehen geblieben bei der großen Test-Tour: Eine Tour in den Balkan, mit dem gesamten Gepäck und der Ausrüstung, wie als wenn es wirklich auf die echte Weltreise losgehen würde. Als würde man das traute zuhause für die nächsten 2 Jahre verlassen. Natürlich nicht nur zum Spaß – Die Ausrüstung sollte auf Herz- und Nieren getestet werden, genauso wie das Motorrad und der dazugehörige Fahrer.
Doch es brauchte keine 200 Kilometer, bis die ersten Probleme auftauchten. Zum letzten Boxenstopp in der Heimat war aufgefallen, dass selbst auf dieser kurzen Strecke schon der Auspuff überhitzte und angefangen hatte, die Satteltaschen anzuschmelzen.

Wir hatten überlegt, wie man eine Lösung improvisieren könnte, doch wäre eine Bastellösung schon vor Reisestart nicht der beste Vorbote für das, was kommen mag. Also entschied ich mich, auf den schon vor Monaten bestellten Zubehör-Auspuff zu warten. Dieser sollte nämlich eine Woche später geliefert werden. Und in der Hoffnung, dass dieser Auspuff alle Probleme löst, sollte es dann einen zweiten Versuch geben auf eine gekürzte Tour.

Der erlösende Umbau

Nachdem dann exakt eine Woche später der neue Auspuff da war, ging es an den Umbau – nichts leichter als das! Und zack war das neue Teil auch schon dran:

Die dicke Kuh mit ihrem neuen Auspuff

Nun war das aber nicht der einzige Umbau, der noch offen war. Auch die Kette – einer der wichtigsten Teile am Motorrad – hatte mittlerweile die Verschleißgrenze erreicht und musste dringend vor Fahrtantritt getauscht werden, was wir dann auch in der Heimat erledigt haben wollten. Und während einer die Kette montiert, konnte der andere noch einmal den neuen Auspuff richtig montieren und währenddessen den neuen Sportkrümmer anbauen, welcher noch gebraucht über Ebay Kleinanzeigen für kleines Geld eingesammelt wurde – die falsche Entscheidung, wie sich später herausstellte. Denn die nötigen Dichtungen zum Auspuff und zum Motor haben gefehlt oder die Verbindungen haben nicht genau aufeinandergepasst, und so waren wir letzten Endes wieder am Basteln angekommen. Mit nur semi-gut passenden Dichtungen und provisorischen Schlauchschellen wurde die BMW dann letztendlich „fahrtüchtig“ gemacht:

Der neue Krümmer, provisorisch abgedichtet mit Krümmerband und Schlauchschellen

Der zweite Abschied

Nun war alles so weit vorbereitet, und es ging, 2 Wochen später als geplant, endlich los – nicht mehr in den Balkan, sondern nun in abgespeckter Variante nach Westspanien. Und da ich keine Zeit verlieren wollte, ging es die ersten Kilometer mit steifem Nacken über die Autobahn nach Südfrankreich. Das hat auch zunächst gut funktioniert, doch die heißen Temperaturen von ~30°C + Sonne forderten einiges vom Motorrad und mir selbst ab. So sehr, dass schon nach der ersten Tankpause auffiel, wie das Motorrad allmählich hörbar lauter wurde – ich dachte mir zunächst nichts dabei. Immerhin ist der Krümmer neu montiert und würde einige Zeit benötigen, um sich an den Motorflansch „zu setzen“.
Erst, als ich dann zur zweiten Tankpause bei Colmar/Straßburg anhielt, bahnte sich eine Vermutung nach Schlimmerem an: Es wurde immer lauter und war sehr hörbar und spürbar, dass das Motorrad nun Nebenluft zog. Das bedeutete im Klartext: Lautes Auspuffknallen und fehlende Leistung:

Zwar interessiert es in Frankreich und Spanien die wenigsten, wie laut und kaputt die Fahrzeuge auf den Straßen sind, doch wurde es mir zu unsicher, wie lange der Krümmer tatsächlich hält und wie lange das Motorrad noch gefahren werden konnte, ohne irgendwo am Straßenrand zu stehen. Leider ist das dann auch nicht allzu einfach reparierbar ohne spezielles Werkzeug + den passenden Dichtungen und vor allem nicht bei 34°C im Schatten.
Und so entschied ich mich, ausnahmsweise den sicheren Weg zu gehen und umzukehren. Zuhause würde ich mit meinen Eltern noch einmal den Krümmer richtig befestigen, die richtigen Dichtungen verbauen und dann mit einem zuverlässigen System erneut aufbrechen – immerhin war ich bisher erst 6 Stunden gefahren und diese Reparatur würde mich höchstens zwei Reisetage kosten.

Der Rückweg

Der fehlende DB-Killer an einer französischen Tankstelle

Ich war also auf dem Rückweg – auch wieder Autobahn. Mein Körper fühlte sich auf dem Motorrad langsam an, als würde ich stundenlang auf dem Schleudergang einer falsch beladenen Waschmaschine sitzen. Es wurde selbst für Spätsommer-Verhältnisse langsam dunkel und ich wollte ein letztes Mal tanken. Ich fuhr von der Autobahn in’s nächste Dorf und bemerkte an der ersten Ampel: „Hey, nun ist das Motorrad noch sehr viel lauter als zuvor“, und ich dachte: „Okay, jetzt ist der Krümmer scheinbar komplett ab“.
Es ging zur nächsten Tankstelle wie angepeilt und ich machte eine Kontrolle – was könnte los sein? Und es dauerte nicht lang, bis mir aufgefallen war: Der DB-Killer wollte scheinbar nicht mehr mit nachhause!

Normalerweise ist der DB-Killer ein fest verschraubtes Teil im Auspuff. Die Verschraubung wurde extra noch einmal vor Fahrtantritt geprüft, trotzend dass der Auspuff komplett neu war und dort nichts wackeln sollte. Und dennoch scheint ihm die lange Autobahnfahrt nicht gefallen zu haben. Die Verschraubung hat sich wohl gelöst und er ist herausgefallen – ich hoffe, das Teil ist niemandem in die Windschutzscheibe geflogen!
Und nun kann man sich vorstellen, wie das Motorrad klang – undichter Krümmer und Auspuff ohne DB-Killer (übrigens völlig zurecht illegal in Deutschland). Wenn ich schätzen müsste, war ich wahrscheinlich lauter unterwegs als die lauteste Harley Deutschlands.

Nachhause flüstern

Und damit war mir dann auch klar: So kann ich auf jeden Fall nirgendswo mehr hinfahren. Und selbst in die Heimat fahren hat sich als schwierig erwiesen, denn bei dieser Lautstärke wird spätestens die Polizei ziemlich schnell hellhörig. Würde ich mit dem Motorrad in diesem Zustand erwischt werden, müsste ich es wohl an Ort und Stelle stehen lassen und die Polizei würde es abschleppen. Das wäre nicht gut gewesen, denn ich war noch um die 300km von jeglicher Verwandtschaft entfernt.

Und so „flüsterte“ ich so leise es ging über die Autobahn und durch 2 Dörfer, bis ich endlich irgendwann bei meiner Familie ankam. Völlig fertig und übermüdet schmiss ich mich in’s Bett – jeglicher Gedanke an die Reise brachte mich zu dem Zeitpunkt in völliger Überforderung und es war wieder eine Herausforderung mit sich selbst, was aus dieser Erfahrung zu lernen ist.

Retten, was zu retten ist

Nun, es war ein neuer Tag angebrochen und wir waren dabei, die Schäden zu begutachten. Die Dichtungen waren tatsächlich aus- und weggebrannt, der Krümmer klapperte nur noch umher. Der DB-Killer war in der Tat einfach weggeflogen, als hätte ihn schon zu Beginn keine Schraube gehalten.
Wir telefonierten mit den Herstellern des Auspuffs – die zeigten sich zunächst sehr kulant und würden einen neuen DB-Killer rausschicken, zum halben Neupreis (was ich immer noch ziemlich frech finde, da es sehr offensichtlich ein Produktionsfehler war). Dieser hat jedoch im Endeffekt auch wieder eine ganze Woche auf sich warten lassen und als dieser ankam, waren noch genau ein Samstag und ein Sonntag vom Urlaub übriggeblieben. Somit war dann tatsächlich der gesamte 3-wöchige Testreise-Urlaub vorüber.

Epilog

Nachdem ich dann 3 Wochen herzzerreißendes Hin- und Her zwischen „auf eigene Achse sein“, „alles kaputt“ und „Warten, bis Leute einem Pakete schicken“ hinter mir hatte, war ich am ersten Arbeitstag danach wahrscheinlich noch gestresster und fertig mit den Nerven, als vorher. Das passt gut, denn nach dem Urlaub ging es direkt mit einem Berg an Aufgaben weiter – ein vorprogrammiertes Verdrängen der Erlebnisse und psychische Aufstauung. Kein Wunder, dass ich mich dann monatelang vor dem Schreiben des Artikels gedrückt habe.
Lange Zeit danach wurde auch das Motorrad weder angefasst und erst recht nicht bewegt – es fehlten die Zeit, die Ruhe und die Nerven. Als ich das Motorrad dann wieder einmal bewegt hatte an Halloween, hatte ich ein unglaublich cooles Erlebnis, und bin gleichzeitig mit 50km/h über den Asphalt und nasser Straße mit dem Motorrad weggerutscht – und wieder ein weiteres wegverdrängtes Erlebnis (vielleicht gibt es dazu nochmal einen eigenen Blogbeitrag).

Die F650, nachdem sie gute 20 Meter über rutschigem Asphalt gerutscht ist – inklusive Schleifspuren. Niemand wurde verletzt!

Und diesen Anstau gibt es bis dato immer noch, denn sowas lässt sich nur schwer lösen, wenn es keine Ruhe gibt, um sich damit zu befassen und das ganze aufzudröseln. Und ich weiß ehrlich gesagt auch noch nicht ganz, was ich dagegen tun soll, doch das ist ein Thema für den 2024-Dennis.

Die Manöverkritik

Nun, für mich ist das Ganze eine ziemliche Achterbahn (gewesen). Zwischen der Vorfreude und dem Nervenkitzel, die geplante Weltreise besser abschätzen zu können, und was einen für Herausforderungen und Erlebnisse erwarten. Geworden ist es dann vor Allem eine ganz eigene Herausforderung, die so wahrscheinlich niemand kommen sehen hat. Und ich weiß, dass so etwas auch auf der echten Reise passieren werden kann und wird, und ich bin froh, diese Erfahrung gemacht zu haben. Es zeigt im Endeffekt nur, wie dieses ganze Vorhaben einfach in seiner Natur unplanbar ist – ein Fluch und ein Segen zugleich.
Und trotzdem wurde sich viel Zeit in der Vorbereitung für eine Testreise genommen, die am Ende nicht stattfand und auf jeden Fall nachgeholt werden muss. Gefolgt von der eigenen fehlenden Prioritätensetzung, sich die Zeit zu nehmen, um das Erlebte gesund und konstruktiv zu verarbeiten – ein Punkt, an dem ich für die nächsten Male definitiv nachschärfen möchte.

Krone richten, weitermachen

Seit diesem Erlebnis bin ich persönlich in einem ziemlichen Loch. Ein Tief, was sich aus fehlender Selbstmotivation, Energielosigkeit und Ziellosigkeit auszeichnet. Doch nach jedem Tal kommt ein neuer Berg – ein neuer Höhepunkt. Und ich freue mich darauf, dass ich nun mit diesem Beitrag und dem Jahreswechsel ein neues Kapitel und mit einem Neustart beginnen kann und es dann auch wie gewohnt weitergeht – mit dem Ziel voraus!
Und ich hoffe, ich kann auf Dich zählen, wenn es dann wieder an die gewohnte Regelmäßigkeit der Blogbeiträge geht. Es ist auf jeden Fall Einiges in der Pipeline und ich freue mich, euch daran schon bald teilhaben zu lassen – vor allem in einer prägnanteren und nicht derart langgezogenen Beitragsform wie heute.

Wie hättest Du dich verhalten, wie hättest du das Problem gelöst? Ich freue mich immer super gerne, eure Kommentare und Kritiken zu lesen, denn damit wird dieser Blog auch zu dem Gemeinschaftsprojekt, welches ich damit erschaffen wollte.

Gehabt euch wohl und einen wundervollen, vierten Advent <3

Die Aussicht auf den Rhein – kurz vor dem zweiten Aufbruch. Ein Ausblick auf die Hoffnung und die Zukunft.

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